Was ist meine Immobilie wert? Mit diesen Formeln den Zeitwert berechnen
In den letzten Jahren ist auf dem Immobilienmarkt viel passiert. In zahlreichen Regionen sind die Preise deutlich gestiegen, in anderen ging die Entwicklung eher in die gegenteilige Richtung. Doch für fast alle Immobilien gilt: Sie haben ihren Wert im Laufe der Jahre verändert. Wer sich ein aktuelles Bild vom Wert seiner Immobilie machen möchte, muss deshalb den Zeitwert berechnen.
In diesem Artikel geben wir Ihnen das nötige Fachwissen und die mathematischen Formeln an die Hand, um die Wertermittlung Ihrer Immobilie verstehen zu können.
Verkehrswert berechnen: Formeln und Hintergrundwissen
Wo finde ich die nötigen Informationen, um den Immobilienwert ermitteln zu können?
Anhand welcher Verfahren kann ich den Hauswert berechnen?
1) Wertermittlung Immobilie: Dem Zahn der Zeit auf der Spur
Die Gründe, um sich für den aktuellen Zeitwert der eigenen Immobilie zu interessieren, sind vielfältig: Manch ein Hausbesitzer möchte eventuell verkaufen, ein anderer hat eine Immobilie geerbt und bei wieder anderen steht eine Scheidung an und der Zugewinn während der Ehe muss ermittelt werden. Manchmal ist es aber auch pure Neugierde, die einen Hausbesitzer dazu antreibt, den aktuellen Immobilienwert zu ermitteln.
Welcher Grund auch immer den Anlass dazu gegeben hat, der erste Schritt zur Berechnung des Hauswerts ist immer eine Bestandsaufnahme:
- Wann wurde meine Immobilie gebaut?
- Wie viel Grundstück und wie viel Wohnfläche besitze ich?
- Wie groß ist der Brutto-Rauminhalt meiner Immobilie? (nähere Erläuterungen s. u.)
- Wo liegt meine Immobilie und wie ist die Nachfrage in dieser Region und Nachbarschaft?
- Wie gut ist meine Immobilie in Schuss?
- Wie hoch sind die Bewirtschaftungskosten?
Ist die Bestandsaufnahme abgeschlossen, müssen die ermittelten Daten in einen konkreten Wert umgerechnet werden: den Zeit- oder Verkehrswert. Hierfür stehen drei zulässige Verfahren zur Auswahl.
2) Immobilienwert ermitteln: Die drei Verfahren
Der Gesetzgeber hat eine klare Vorstellung davon, was der Verkehrswert einer Immobilie ist. In § 194 BauGB heißt es sinngemäß, dass der Verkehrswert der Wert ist, der auf Basis der Lage und der Beschaffenheit der Immobilie auf einem freien Markt zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erzielen ist.
Der Verkehrswert unterliegt also täglichen Schwankungen. In den drei erlaubten Verfahren zur Immobilienwertermittlung werden deshalb nicht nur die Lage und die Substanz der Immobilie berücksichtigt, sondern immer auch die aktuelle Marktsituation.
3) Wertermittlung Immobilie über das Vergleichswertverfahren: Die Schnittmenge entscheidet
Das Vergleichswertverfahren wird immer dann zur Ermittlung des Immobilienwertes herangezogen, wenn es sich um eine leicht vergleichbare, also nicht allzu individuelle Immobilie handelt: Einfamilienhäuser von typischer Art und Größe, Doppelhaushälften und Reihenhäuser finden sich in jeder Region zuhauf und lassen sich somit leicht vergleichen.
Im Rahmen des Vergleichswertverfahrens werden die Kaufpreise von in Art und Lage vergleichbaren Objekten herangezogen, um auf ihrer Basis Rückschlüsse auf den Wert der eigenen Immobilie zu ziehen.
Die Berechnungsformel im Vergleichswertverfahren ist sehr einfach: Aus den Kaufpreisen der Vergleichsimmobilien wird ein Durchschnittswert ermittelt, der als Grundlage für den Wert der eigenen Immobilie genommen wird. Dieser Wert wird nun um die individuellen wertsteigernden (Pool, Wintergarten, Kamin etc.) und wertmindernden (nicht ausbaubarere Dachboden, feuchte Kellerwand etc.) Faktoren der Immobilie nach oben oder unten korrigiert.
4) Verkehrswert berechnen: Formel für das Sachwertverfahren
Bei Immobilien, für die keine oder nicht genügend Vergleichsobjekte zur Verfügung stehen und die selbst genutzt werden, empfiehlt sich das Sachwertverfahren.
Beim Sachwertverfahren werden Bodenwert und Bauwert der Immobilie gesondert berechnet und anschließend addiert. Zur Veranschaulichung wollen wir den Sachwert eines Einfamilienhauses in Düsseldorf Gerresheim berechnen.
Immobilienwert ermitteln: Eckdaten der Immobilie
- zweigeschossiges Einfamilienhaus in Düsseldorf Gerresheim mit Garage
- Brutto-Rauminhalt der Immobilie: 700 m³
- Grundstücksfläche: 500 m²
- Alter: 15 Jahre
Berechnung des Bodenwertes
Die Berechnung des Bodenwertes ist sehr simpel. Sie folgt der Formel
Anzahl Quadratmeter Grundstück x Preis pro Quadratmeter laut Bodenrichtwertkarte (hier der Stadt Düsseldorf für bis zu zweigeschossige Bauten in D.-Gerresheim)
In unserem Beispiel also: 500 m² x 780 € = 390.000 €
Berechnung des Bauwertes
Die Berechnung des Bauwertes ist schon etwas komplizierter, folgt jedoch ebenfalls einfachen Regeln. Eine komplette Berechnung haben wir weiter unten aufgeführt, oben folgen zunächst die Erläuterungen:
1) Zunächst werden die reinen Baukosten anhand der folgenden Formel berechnet:
Brutto-Rauminhalt in m³ x Preis pro m³
Der Brutto-Rauminhalt, veraltet umbauter Raum genannt, gibt das Volumen des Gebäudes wieder. Vereinfacht ausgedrückt werden hierfür Länge, Höhe und Breite des Gebäudes miteinander multipliziert. Es existieren jedoch zahlreiche Ausnahmen und Spezifika. So werden nicht ausgebaute Dachgeschosse nur zu einem Drittel berücksichtigt, Balkone bis zu einem halben Meter Ausladung fließen gar nicht in die Berechnung mit ein.
Der Preis pro m³ wird von öffentlichen Stellen ermittelt und veröffentlicht. Er wird je Gebäudeart festgelegt und beträgt für Wohngebäude in NRW 114 €.
2) Nun werden die Baukosten für eventuell vorhandene Garagen oder Stellplätze berechnet. Auch hier wird der Brutto-Rauminhalt mit dem vorgegebenen Preis pro m³ multipliziert. Bei kleinen Garagen in NRW beträgt der Preis pro m³ 79 €.
3) Der Wert der Außenanlagen beträgt pauschal sechs Prozent der reinen Baukosten und errechnet sich somit wie folgt:
Reine Baukosten x 0,06
4) In einem vierten Schritt erfolgt die Ermittlung der Baunebenkosten. Hier sind vom Gesetzgeber fünf Prozent der reinen Baukosten erlaubt.
Reine Baukosten x 0,05
5) Nun kommen wir zu den Abzügen. Mithilfe der Alterswertminderung wird ermittelt, wie weit die Immobilie seit ihrer Entstehung an Wert verloren hat. Hierfür wird das Alter mit dem Wert 1,25 multipliziert. Das Ergebnis ist der Prozentsatz, um den sich die reinen Baukosten mindern.
15 Jahre x 1,25 = 18,75
reine Baukosten x 0,1875 = Alterswertminderung
Baukosten bisher - Alterswertminderung = Gebäudesachwert
6) Zwischenergebnis: Der vorläufige Sachwert ist ein Wert, der zwar gute Rückschlüsse auf die reine Substanz der Immobilie und des Grundstücks zulässt, die aktuelle Marktsituation jedoch außer Acht lässt. Denn wie viel Käufer für eine Immobilie samt Garten und Außenanlagen mit einem bestimmten Substanzwert tatsächlich zahlen, bestimmen immer noch Angebot und Nachfrage.
Dieser Aspekt wird durch den Marktanpassungsfaktor hinzugefügt. Der Marktanpassungsfaktor wird von den Gutachterausschüssen einer jeden Gemeinde anhand der aktuellen Verkaufslage für unterschiedliche Immobilientypen ermittelt und kann im Internet eingesehen werden.
Der Marktanpassungsfaktor für Einfamilienhäuser jüngeren Baudatums unter 800 m² in Düsseldorf betrug 2018 1,05.
Die Berechnungsformel lautet daher: Bauwert bisher x 1,05 = Sachwert
5) Zeitwert berechnen: die komplette Berechnung nach dem Sachwertverfahren
Bodenwert:
500 m² x 780 € = 390.000 €
Baukosten:
700 m³ x 114 € = 79.800 € (reine Baukosten)
+ 24 m³ x 79 € = 1.896 € (Baukosten Garage)
+ 79.800 € x 0,06 = 4.788 € (Baukosten Außenanlage)
+ 79.800 € x 0,05 = 3.990 € (Baunebenkosten)
90.474 € Baukosten
Alterswertminderung:
15 Jahre x 1,25 % = 18,75 %
79.800 € x 0,1875 = 14.962,50 €
Gebäudesachwert:
90.474 € (Baukosten) - 14.962,50 € (Alterswertminderung) = 75.511,50 €
Vorläufiger Sachwert:
390.000 € (Bodenwert) + 75.511,50 € (Gebäudesachwert) = 465.511,50 €€
Sachwert:
465.511,50 € x 1,05 (Marktanpassungsfaktor) = 488.787,08 €
6) Vermietete Objekte: Immobilienwert ermitteln mit dem Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren ermittelt den Gewinn, der mit einer Immobilie zu erwirtschaften ist. Es kommt somit bei Mehrfamilienhäusern, Mietwohnungen oder Geschäftsimmobilien zum Einsatz.
Beim Ertragswertverfahren wird zunächst der Bodenwert, also der Wert des Grundstücks berechnet. Im Anschluss folgt die Berechnung des Gebäudeertragswerts.
Wir werden beispielhaft für ein Mehrfamilienhaus in Düsseldorf Gerresheim mithilfe des Ertragswertverfahrens den Zeitwert berechnen.
Hauswert berechnen: Eckdaten der Immobilie
- Art: Mehrfamilienhaus in Düsseldorf Gerresheim
- Größe Wohnfläche: 720 m²
- Mietpreis: 9,50 €/m²
- Grundstück: 500 m²
- Restnutzungsdauer: 54 Jahre
Bodenwert:
Die Berechnung des Bodenwerts folgt der Formel
Grundstücksgröße x Bodenrichtwert
Gebäudeertragswert:
1.) Zunächst wird der Jahresrohertrag ermittelt. Hierfür wird die Miete pro m² mit 12 Monaten multipliziert:
m² x Miete pro m² € x 12 Monate
Für die Berechnung des Jahresrohertrages sind nicht die Bestandsmieten, sondern die ortsüblichen Mieten ausschlaggebend.
2. )Vom Rohertrag werden die Bewirtschaftungskosten abgezogen, also Kosten für die Instandhaltung, die Verwaltung und Mietausfälle. Wir gehen bei unserem Beispiel von Bewirtschaftungskosten von 20 Prozent des Rohertrages aus.
Rohertrag x 0,20 = Reinertrag Grundstück
Bewirtschaftungskosten sind ausschließlich die Kosten, die nichtauf den Mieter umgelegt werden können!
3.) Vom Reinertrag des Grundstücks wird die Bodenwertverzinsung abgezogen. Für unsere Berechnung benötigen wir den bereits ermittelten Bodenwert sowie einen realistischen Liegenschaftszins. In unserem Beispiel haben wir hierfür fünf Prozent gewählt.
Bodenwert x Liegenschaftszins = Bodenwertverzinsung
Reinertrag Grundstück - Bodenwertverzinsung = Gebäudereinertrag
Der Liegenschaftszins wird von den jeweiligen Gutachterausschüssen ermittelt und kann (meist) kostenpflichtig eingesehen werden.
4.) Das Ergebnis aus Schritt 3 ist der Gebäudereinertrag. Dieser Wert wird nun mit dem Vervielfältiger multipliziert, um den Gebäudeertragswert zu erhalten.
Gebäudereinertrag x Vervielfältiger = Gebäudeertragswert
Der Vervielfältiger variiert je nach Restnutzungsdauer und Liegenschaftszins und gibt Ausschluss darüber, nach wie vielen Jahren sich der Kauf einer Immobilie durch die zu erwartenden Einnahmen rentiert haben wird. Er wird mithilfe einer schon etwas komplizierteren Formel berechnet. Entsprechende Tabellen sind im Internet einsehbar, zum Beispiel hier:
Der Vervielfältiger bei fünf Prozent Liegenschaftszins und einer Restnutzungsdauer von 54 Jahren beträgt 18,57.
5.) Zuletzt wird der in Schritt 4 errechnete Gebäudeertragswert mit dem Bodenwert addiert. Das Ergebnis ist der Ertragswert der Immobilie, auf dessen Grundlage nun ein angemessener Verkaufspreis ermittelt werden kann.
7) Wertermittlung Immobilie nach dem Ertragswertverfahren: Der Rechenweg
Jahresrohertrag:
720 m² x 9,50 € x 12 Monate = 82.080 €
Bewirtschaftungskosten:
82.080 € x 0,20 = 16.416 €
Reinertrag des Grundstücks/Bodens:
82.080 € - 16.416 € (Bewirtschaftungskosten) = 65.664 €
Bodenwertverzinsung:
425.000 (Bodenwert) x 0,05 (Liegenschaftszins) = 21.250 €
Gebäudereinertrag:
65.664 € (Reinertrag des Grundstücks) - 21.250 € (Bodenwertverzinsung) = 44.414 €
Gebäudeertragswert:
44.414 € (Gebäudereinertrag) x 18,57 (Vervielfältiger) = 824.768 €
Ertragswert:
824.768 € + 425.000 € = 1.249.768 €
Je nach Zustand der Immobilie können nun noch Bau- oder Instandhaltungsmängel oder Mietbindungen vom Ertragswert abgezogen werden. Besondere wertsteigernde Faktoren wirken hingegen ertragswerterhöhend.
Da das Ertragswertverfahren sehr fehleranfällig ist, wenn Laien die Berechnungen durchführen, empfehlen wir Ihnen grundsätzlich die Hilfe eines Maklers. Gerne machen wir Sie mit unserem Maklerpartner aus Ihrer Region bekannt.
8) Hauswert berechnen: Fazit
Je nach Nutzungsart der Immobilie kommen für die Wertermittlung drei unterschiedliche Verfahren infrage. Für alle drei empfiehlt sich die Zuhilfenahme eines Profis, da schon ein kleiner Fehler im Ergebnis große Abweichungen vom eigentlichen Wert bedeuten kann. Mit der nötigen Recherche, möglichst exakten Zahlen und viel Zeit können jedoch auch Laien den Zeitwert berechnen.
Selbstverständlich ist es möglich, den Wert einer Immobilie mit zwei unterschiedlichen Verfahren zu berechnen und im Ergebnis die Mitte aus beiden Werten zu wählen. Auch ungleiche Gewichtungen beider Ergebnisse sind denkbar. So sollte bei einem Mehrfamilienhaus der Ertragswert eine höhere Gewichtung erhalten als beispielsweise der Sachwert.