Das Erbrecht und die Erbfolge: Die wichtigsten Regelungen im Überblick


Das Erbrecht und die Erbfolge ist im fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches zu finden und umfasst die Paragraphen 1922 bis 2385. In diesem Artikel haben wir die wichtigsten Regelungen zusammengefasst und erläutern unter anderem die folgenden Fragen:

Wie ist das Erbrecht in Deutschland geregelt?

Was ist die gesetzliche Erbfolge?

Was ist im Erbrecht mit Pflichtteil gemeint?

Komplizierte Familienkonstellation: Wer erbt die Immobilie?


1) Wie ist das Erbrecht in Deutschland geregelt?

Das deutsche Erbrecht kennt zwei Möglichkeiten, Anteile an dem Vermögen eines Verstorbenen zugesprochen zu bekommen: über ein Testament/einen Erbvertrag oder über die gesetzliche Erbfolge.

Die gesetzliche Erbfolge tritt erst dann ein, wenn der Verstorbene (= der Erblasser) keine eigenen Regelungen in Form eines Testaments oder Erbvertrages erlassen hat. Die Erben haben ihrerseits die Möglichkeit, das Erbe entweder auszuschlagen oder anzunehmen. Für die Ausschlagung stehen den Erben sechs Wochen ab Kenntnisnahme des Todes des Erblassers zur Verfügung. Dieser Verzicht muss von einem Notar beurkundet werden. Nimmt der Erbe seinen Teil des Nachlasses hingegen an, übernimmt er auch eventuelle Schulden des Erblassers.

Gut zu wissen:
Wenn der Erblasser einer Person nur einen ganz bestimmten Gegenstand hinterlässt (zum Beispiel hinterlässt eine Frau ihrer besten Freundin eine Perlenkette), diese Person ansonsten jedoch nicht zu den Erben gehört, spricht man von einem Vermächtnis. Die Erben müssen diesen Gegenstand dem Vermächtnisnehmer aushändigen.

Neben der Ausschlagung der Erbschaft existiert laut Erbrecht in Deutschland auch die Möglichkeit des Erbverzichts. Der Erbverzicht wird noch zu Lebzeiten des Erblassers zwischen zukünftigem Erblasser und späterem potenziellen Erben vertraglich festgehalten. Mit einem Erbverzicht geht meist eine Abfindung einher. So kann der eigentliche Erbe schon zu Lebzeiten des Erblassers zu Geld kommen, verzichtet damit aber auf alle anderen Erbansprüche. Der Erblasser hingegen kann seinen Nachlass später nur einer einzigen Person zukommen lassen und umgeht die Aufteilung seines Nachlasses unter mehreren Erben (zum Beispiel die auf seinen Namen eingetragene Firma oder eine Immobilie).

Wenn mehrere Personen erbberechtigt sind, spricht man von einer Erbengemeinschaft. Die Aufteilung des Nachlasses unter allen Erben wird Erbauseinandersetzung genannt – auch wenn die Aufteilung vollkommen harmonisch verläuft. Wie viel jeder einzelne Erbe erbt, hängt von unterschiedlichen Parametern ab. So kann der Erblasser selber eine Aufteilung vornehmen. Bewegt er sich mit dieser Aufteilung jedoch unter dem Pflichtteil einzelner Erben, können die ihren Erbteil bis zur Erreichung dieses Pflichtteils „aufstocken“. Hat der Erblasser keine Regelungen erlassen, bestimmt abermals die gesetzliche Erbfolge, wer wie viel erbt.

Gut zu wissen:
Wer aufgrund der gesetzlichen Erbfolge erbt, muss seinen Erbenstatus vor Banken, Vermietern und Behörden meist beweisen. Hierfür müssen Sie einen Erbschein beim Nachlassgericht am Wohnort des Verstorbenen beantragen. Mehr zu diesem Thema lesen Sie in unserem Artikel „Erbschein“.

2) Kann ich jemanden enterben?

Ob Sie eine Person gänzlich aus dem Kreis Ihrer Erben ausschließen können oder nicht, hängt vom Grad der Verwandtschaft zwischen Ihnen und dieser Person ab. So ist es zum Beispiel nicht möglich, die Eltern, Kinder oder Ehepartner gänzlich zu enterben, denn ihnen steht mindestens der gesetzliche Pflichtteil zu.

Wollen Sie diese Personen komplett enterben, also auch den laut Erbrecht zustehenden Pflichtteil nicht vererben, müssen Sie einen guten Grund vorlegen. Ist zum Beispiel Ihr Ehepartner zu einer Haftstrafe ohne Bewährung von mindestens einem Jahr verurteilt worden, so gilt er oder sie als erbunwürdig und verliert damit auch seine Pflichtteilansprüche.

Dasselbe gilt, wenn Sie oder ein naher Verwandter von dieser Person mit dem Tode bedroht wurden oder wenn Sie davon abgehalten wurden, Ihr Testament zu ungunsten dieser Person oder eines ihrer Nachkommen zu ändern. Auch nach dem Tod des Erblassers kann ein Erbe noch als erbunwürdig erklärt werden, wenn die Tat erst posthum ans Licht kommt.

Gut zu wissen:
Mit dem Berliner Testament können Ehepartner sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen und somit die Kinder bis zum Tod beider Elternteile erst einmal enterben. Auch hier können die Kinder jedoch trotzdem ihren Pflichtteil fordern. Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Artikel „Berliner Testament“.

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3) Erbrecht Pflichtteil: Was ist das?

Der im Erbrecht verankerte Pflichtteil ist der Mindestanteil am Nachlass, der bestimmten Personengruppen auch dann zusteht, wenn der Erblasser ihnen selber nichts vererbt hat. Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern bekommen grundsätzlich den Pflichtteil am Nachlass, sofern sie das Erbe annehmen und nicht erbunwürdig sind.

Der Pflichtteil ist grundsätzlich die Hälfte dessen, was der Person laut gesetzlicher Erbfolge zugestanden hätte. Hätte die Ehefrau laut gesetzlicher Erbfolge also die Hälfte des Nachlasses erhalten, so beträgt ihr Pflichtteil ein Viertel.

Um berechnen zu können, wie groß laut Erbrecht der Pflichtteil in Deutschland ausfällt, muss also vor allem die gesetzliche Erbfolge betrachtet werden.

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4) Wann greift die gesetzliche Erbfolge?

Hat der Erblasser keine eigenen Regelungen erlassen, so springt die gesetzliche Erbfolge ein. Sie ruht auf zwei Grundpfeilern:

1. Erbberechtigte werden je nach Verwandtschaftsgrad in unterschiedliche Ordnungen eingestuft.

2. Erbberechtigte der vorderen Ordnungen blocken Erbberechtigte der nachfolgenden Ordnungen.

Erbrecht Deutschland: Die Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge

1. Ordnung: Kinder des Erblassers und deren Nachkommen (also Enkel und Urenkel des Erblassers)

2. Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Nachkommen (also Geschwister und Halbgeschwister des Erblassers sowie Nichten und Neffen)

3. Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Nachkommen (also Onkel und Tanten des Erblassers sowie Großnichten und -neffen)

Gut zu wissen:
Ehepartner und eingetragene Lebenspartner haben einen Sonderstatus und sind gleichberechtigt mit Verwandten der 1. Ordnung. Nicht eingetragene und nicht verheiratete Partner besitzen hingegen kein gesetzliches Erbrecht.

Der Nachlass wird bei der gesetzlichen Erbfolge nach Ordnung verteilt. Das bedeutet jedoch nicht, dass diejenigen der ersten Ordnung den größten Anteil erhalten und diejenigen der letzten den geringsten. Es bedeutet vielmehr, dass das Erbe nur dann in die unteren Ordnungen „durchsickert“, wenn der Platz in den oberen Ordnungen vakant ist.

Die folgenden Beispiele geben ein genaueres Bild von der gesetzlichen Erbfolge:

1. Beispiel

Der Großvater verstirbt. Er hinterlässt eine Ehefrau, zwei Kinder, fünf Enkel, zwei Geschwister, drei Nichten und sieben Großnichten und -neffen.

Da die Kinder beide noch leben, ist die 1. Ordnung intakt. Das Erbe wird somit lediglich unter der Ehefrau und den beiden Kindern aufgeteilt. Die Ehefrau erhält die Hälfte, die beiden Kinder erben jeweils ein Viertel. Der Rest der Verwandtschaft erbt nichts.

2. Beispiel

Der Großvater verstirbt. Er hinterlässt eine Ehefrau. Von den beiden Kindern ist nur noch eines am Leben. Von seinen fünf Enkeln sind drei die Kinder des verstorbenen Kindes. Außerdem hinterlässt er zwei Geschwister, drei Nichten und sieben Großnichten und -neffen.

In dieser Konstellation wird das Erbe nun wie folgt aufgeteilt:

½ geht an die Ehefrau.

¼ geht an das noch lebende Kind. Dessen Kinder, also zwei Enkel des Großvaters, gehen leer aus.

Das letzte ¼ teilen sich die drei Kinder des verstorbenen Kindes, also die anderen drei der fünf Enkel, zu gleichen Teilen.

3. Beispiel:

Der Großvater verstirbt. Da seine Ehefrau ebenfalls bereits tot ist und beide nie Kinder hatten, gibt es keine Erben der 1. Ordnung. Der Großvater hat aber einen noch lebenden Bruder. Die Schwester ist ebenfalls bereits verstorben, hat aber drei Töchter hinterlassen – die Nichten des Großvaters.

In dieser Konstellation erbt der Bruder die Hälfte des Vermögens, während die Töchter der Schwester von der anderen Hälfte jeweils ein Drittel erhalten.

Gut zu wissen:
Adoptierte Kinder gelten im gesetzlichen Erbrecht wie leibliche Kinder. Mit der Adoption erlischt jedoch das Erbrecht in Bezug auf die leiblichen Eltern. Wurde das Kind hingegen erst als Volljähriger adoptiert, bleibt das Erbrecht in Bezug auf die leiblichen Eltern bestehen. Die Adoptiveltern können ein zusätzliches Erbrecht zugestehen, sind hierzu jedoch nicht verpflichtet.

Hinterlässt eine Person keine erbberechtigten Verwandten oder Ehe-/eingetragene Lebenspartner, tritt laut Erbrecht Deutschland selbst, also der Staat, als Erbe auf. Der Staat kann das Erbe nicht ausschlagen, haftet für etwaige Schulden jedoch auch nur in Höhe des Nachlasses.


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5) Kann ich eine Immobilie noch zu Lebzeiten verschenken?

Ja, das geht. Neben den Regelungen im Erbrecht zu Vererbungen existieren auch zahlreiche Paragraphen, die Schenkungen, also Eigentumsübertragungen vor dem Tod, thematisieren.

Generell sind beide Parteien, der Schenkende und der Beschenkte, zum Zeitpunkt der Schenkung noch am Leben. Trotzdem wird die Schenkung gerne als eine Art vorgezogenes Erbe verwendet, da sie unterschiedliche Vorteile bietet:

1. Mit einer Schenkung können die üblichen Freibeträge bei Erbschaften (siehe nächstes Kapitel) mehrmals ausgeschöpft werden. Da die Freibeträge mit denen bei Erbschaften fast identisch sind und jede Beschenkte Person alle zehn Jahre ihren Freibetrag ausschöpfen kann, kann mithilfe von Schenkungen großes Vermögen steuerfrei an die Nachkommen übergeben werden – vorausgesetzt, man fängt früh genug damit an.

2. Da bei Erbschaften bestimmten Personengruppen, zum Beispiel den Kindern, immer ein Pflichtteil ausgezahlt werden muss, sofern er eingefordert wird, machen viele Ehepaare von der Möglichkeit Gebrauch, dem voraussichtlich länger lebenden Ehepartner die gemeinsame Immobilie zu schenken. So fällt die Immobilie nicht in die Erbmasse und muss auch nicht verkauft werden, um den Kindern ihren Pflichtteil auszuzahlen. Möchte der Schenkende sichergehen, dass er/sie trotzdem bis zum Tod in der Immobilie leben kann, obwohl sie nun alleiniges Eigentum des Partners ist, kann ein lebenslanges Wohnrecht vertraglich vereinbart werden.

6) Die Erbschaftssteuer im deutschen Erbrecht

Erben müssen immer dann ihren Teil des Erbes versteuern, wenn der Gesamtwert einen bestimmten Freibetrag übersteigt. Wie hoch dieser Freibetrag ist und mit welchem Satz das Erbe dann versteuert wird, hängt vom Verwandtschaftsgrad zwischen Erben und Erblasser ab.

Freibetrag Erbschaftssteuer:

  • Ehepartner/eingetr. Lebenspartner  ⇒ 500.000 €
  • Kinder, Enkel (Eltern verstorben), Stief-/ Adoptivkinder ⇒  400.000 €
  • Enkel (Eltern leben) ⇒ 200.000 €
  • Eltern, Großeltern ⇒ 100.000 €
  • alle anderen (auch Freunde etc.) ⇒ 20.000 €

Gut zu wissen:
Überschreiten Sie den Freibetrag, wird nur der Teil des Nachlasses besteuert, der über dem Freibetrag liegt

Steuerklassen Erbrecht:

Wenn Sie Erbschaftssteuer zahlen müssen, hängt die Höhe des zu leistenden Betrages neben der Höhe des den Freibetrag überschreitenden Erbteils auch von Ihrer Steuerklasse ab. Dabei hat diese Steuerklasse nichts mit Ihrer eigentlichen Steuerklasse zu tun, sondern sie wird einzig und allein für diesen konkreten Anlass vergeben.

  • Ehepartner/eingetr. Lebenspartner ⇒Steuerklasse I
  • Kinder, Enkel, Stiefkinder, Adoptivkinder ⇒ Steuerklasse I
  • Eltern, Großeltern ⇒ Steuerklasse I
  • Geschwister, Neffen, Nichten ⇒ Steuerklasse II
  • Stiefeltern, Schwiegereltern ⇒ Steuerklasse II
  • Schwiegerkinder, Geschiedene ⇒ Steuerklasse II
  • alle anderen ⇒ Steuerklasse III

Gut zu wissen:
Bei Schenkungen verfügen Eltern und Großeltern lediglich über einen Freibetrag von 20.000 € (anstatt 100.000 € wie bei Erbschaften) und sind somit als einzige Gruppe gegenüber Erbschaften schlechter gestellt. Und auch bei den Steuerklassen bei Schenkungen hat diese Gruppe das Nachsehen: Eltern und Großeltern wird bei Schenkungen die Steuerklasse II zugeteilt, anstatt die Steuerklasse I.

Sie kennen Ihren Freibetrag und auch Ihre Steuerklasse. Doch wie hoch fällt die Steuer nun aus? Die folgende Übersicht gibt Auskunft:

zu versteuerndes ErbeSteuerklasse ISteuerklasse IISteuerklasse III
bis 75.000 € 7 %15 %30 %
bis 300.000 €11 %20 %30 %
bis 600.000 €15 %25 %30 %
bis 6.000.000 €19 %30 %30 %
bis 13.000.000 €23 %35 %50 %
bis 26.000.000 €30 %43 %50 %

Wichtig: Zum Nachlass gehören nicht nur Geld- und Wertpapierbestände, sondern auch Schmuck, Kunst, Autos, Immobilien, kapitalbildende Versicherungen etc. Vor allem durch vererbte Immobilien kann der Wert des Nachlasses den eigenen Freibetrag schnell übersteigen.

Gut zu wissen:
Immobilienerben können unter Umständen auch dann um die Erbschaftssteuer herumkommen, wenn sie den Freibetrag übersteigen. So können Ehepartner Glück haben, wenn sie nachweisen können, dass sie die geerbte Immobilie die nächsten zehn Jahre selbst bewohnen werden. Kinder können ebenfalls von dieser Regelung Gebrauch machen. Hier darf die Immobilie jedoch maximal 200 m² Wohnfläche aufweisen.

7) Zwei Sonderfälle im Erbrecht: Erbvertrag und Erbschaftskauf

Sie müssen nicht zwingend ein Testament aufsetzen, um Ihr Vermögen an Personen Ihrer Wahl zu hinterlassen. Sie können auch die Form des Erbvertrages wählen.

Der Erbvertrag wird zwischen dem Erblasser und dem Erben schriftlich festgehalten und notariell beurkundet. Der Erbvertrag wird also aufgesetzt, solange der Erblasser noch am Leben ist.

Die andere Sonderform ist, dass der Vertrag einseitig nicht mehr widerrufen werden kann. Haben Sie einen Erbvertrag unterschrieben und wollen Sie nun den gesamten Vertrag oder Teile davon für ungültig erklären, benötigen Sie die Einwilligung Ihres Vertragspartners. Ist diese Person bereits verstorben, können Sie keine Änderungen mehr vornehmen.

Beim Erbschaftskauf hingegen verkauft ein Erbe seinen Erbteil. Auch hierfür ist das Siegel eines Notars notwendig; der Verkauf kann außerdem erst nach dem Erbfall stattfinden. Möchten Sie als Teil einer Erbengemeinschaft von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, so steht Ihren Miterben ein Vorkaufsrecht zu. Der Käufer Ihres Erbteils übernimmt Ihren Teil des Nachlasses, wird aber nicht offizieller Erbe des Verstorbenen. Sie können auch den Ihnen vom Erbrecht zugestandenen Pflichtteil verkaufen.

8) Fazit Erbrecht Deutschland

Das Erbrecht in Deutschland ist recht umfangreich. Oftmals sind Laien aufgrund der Vielzahl der Gesetze überfordert und können nicht eindeutig bestimmen, wie sie sich nun verhalten müssen – vor allem Firmenanteile oder Immobilien machen es häufig noch mal komplizierter.


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