Berliner Testament: Vor- und Nachteile


Mit dem sogenannten Berliner Testament können sich Eheleute gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Die gemeinsamen Kinder erben dann erst ganz zum Schluss, also nach dem Tod beider Eltern. In diesem Artikel beleuchten wir die Vor- und Nachteile eines Berliner Testaments.

Wann ist ein Berliner Testament sinnvoll?

Was kostet ein Berliner Testament?

Wie schreibt man ein Berliner Testament (Muster)?

Berliner Testament Pflichtteil: Was gilt es zu beachten?


1) Was ist ein Berliner Testament?

Bei einem Berliner Testament bestimmen beide Ehe- oder eingetragenen Partner, dass im Falle des Todes einer der beiden der jeweils andere das gesamte gemeinsame Vermögen erbt. Kinder werden über diese Regelung de facto vorerst enterbt. Erst wenn auch der zweite Partner gestorben ist, wird das Vermögen unter den Kindern aufgeteilt. Sie sind in diesem Fall die sogenannten Schlusserben.

Beispiel: Berliner Testament als Muster zum Download

2) Wann ist ein Berliner Testament sinnvoll?

Ein Berliner Testament ist in vielen Situationen sinnvoll.

  • Erbstreitigkeiten: Ist die Familie zerstritten und können die Ehepartner davon ausgehen, dass nach dem Tod eines der Partner die sonstigen Erbberechtigten um das Erbe streiten werden, kann dem mit dem Berliner Testament entgegengewirkt werden. So ist immerhin geregelt, dass die Aufteilung des Vermögens erst nach dem Tod beider Partner beginnt.

  • Gemeinsame Immobilie: Eine gemeinsam genutzte Immobilie ist anders als reines Geldvermögen nicht teilbar. Sind mehrere Personen erbberechtigt, bleiben deshalb meist nur der Verkauf der Immobilie und die anschließende Aufteilung des Verkaufserlöses, um allen Erben ihren Anteil zukommen zu lassen. Das würde jedoch auch bedeuten, dass sich der verwitwete Partner eine neue Bleibe suchen muss. Diesem „Hinauswurf“ des verbleibenden Partners können Paare mit dem Berliner Testament entgegenwirken.
  • Vermögen zu gering: Schlussendlich kann es auch vorkommen, dass das gemeinsame Vermögen zu klein ist, als dass der verwitwete Ehepartner nach einer Aufteilung unter allen Erben noch davon leben könnte. In diesem Fall verhindert das Berliner Testament also die Verarmung des verbliebenen Partners.

3) Berliner Testament Muster: Was muss ich beim Verfassen beachten?

Das Berliner Testament können Sie über einen Notar oder aber privat aufsetzen. Wenn Sie das Testament ohne Notar verfassen wollen, müssen Sie es jedoch zwingend handschriftlich verfassen! Ein computergeschriebenes Testament, das Sie lediglich von Hand unterschrieben haben, besitzt keine Gültigkeit.

Gut zu wissen:
Das Berliner Testament muss entweder über einen Notar oder aber handschriftlich verfasst werden. Für gewöhnlich wird jedoch nur einer der beiden Partner das Testament schreiben. In diesem Fall muss der andere Partner nicht nur unterschreiben, sondern auch Ort und Datum in seiner Handschrift neben der Unterschrift ergänzen.

Da das Berliner Testament eine Person als Alleinerben für das gesamte Vermögen einsetzt, ist der Text meist recht kurz. So könnte er in etwa lauten:

"Im Falle des Todes setzen wir uns gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tod auch des zweiten Ehepartners sollen unsere Kinder unser Vermögen zu gleichen Teilen erben."

Berliner Testament Muster: Hier finden Sie eine Vorlage. Achtung: Da das Testament handschriftlich verfasst werden muss, müssen Sie dieses Muster abschreiben. Sie dürfen es also nicht ausdrucken und nur unterschreiben!

Tipp:
Wenn das Testament aus mehreren Seiten besteht, sollten Sie die Seiten durchnummerieren und zusammenheften. Außerdem empfiehlt es sich, dass beide Partner auf jeder Seite unterschreiben.

4) Was kostet ein Berliner Testament?

Wenn Sie das Berliner Testament privat aufsetzen, entfallen die Gebühren für den Notar. Bewahren Sie das Testament außerdem zu Hause auf, entfällt auch die Gebühr für die Aufbewahrung beim Amtsgericht.

Sofern Sie das Berliner Testament selber verfassen, aber beim Amtsgericht hinterlegen wollen, müssen Sie mit Gebühren in Höhe von 75 € für die Aufbewahrung sowie 18 € für den Eintrag im Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer rechnen (Stand 2019).

Wenn Sie das Berliner Testament über einen Notar aufsetzen lassen wollen, profitieren Sie von einer professionellen Beratung, der absoluten Rechtssicherheit des Testaments sowie von einer automatischen amtlichen Verwahrung und damit auch einer automatischen Testamentseröffnung im Todesfall. Sie müssen jedoch auch höhere Kosten einkalkulieren. Wie hoch diese ausfallen, richtet sich nach der Höhe des zu vererbenden Vermögens. Hier sehen Sie eine Übersicht (Stand 2019) für ein Gemeinschaftliches Testament, also zum Beispiel ein Berliner Testament.

zu vererbendes VermögenNotarkosten (inkl. MwSt. + Auslagen des Notars)Verwahrung Amtsgericht
50.000 €520 €33 €
200.000 €1.250 €90 €
1.000.000 €4.490 €390 €

Gut zu wissen:
Ihr Vermögen besteht nicht nur aus Ihrem Bankguthaben, sondern auch aus Immobilien, Fahrzeugen, Schmuck, Bargeld, Kunstobjekten, Aktien, kapitalbildenden Versicherungen u. v. m.

Wurde das Berliner Testament über einen Notar festgesetzt, so wurde auch die Höhe Ihres Vermögens genau dokumentiert. Doch was passiert nun, wenn sich in den nächsten Jahren Ihr Vermögen ändert? Tatsächlich passiert in diesem Fall überhaupt nichts. Sie müssen also nicht nach jedem Aktienverkauf erneut zum Notar laufen. Allein das Vermögen, das zum Zeitpunkt der Testamentsverfassung vorhanden war, ist für die Kostenberechnung ausschlaggebend.


5) Berliner Testament widerrufen oder löschen

Es kann vorkommen, dass einmal getroffene erbliche Vereinbarungen wieder aufgelöst werden sollen. Hier existieren verschiedene Denkfälle und Möglichkeiten.

Beide Ehegatten wollen widerrufen:

Wenn beide Ehegatten ihre Meinung geändert haben, reicht es aus, wenn beide dies vor dem Notar erklären und die Herausgabe des Testaments verlangen. Haben Sie das Testament privat verfasst und zu Hause aufbewahrt, können Sie es einfach vernichten.

Nur ein Ehegatte will widerrufen zu Lebzeiten des anderen:

Ein einseitiger Widerruf muss in jedem Fall beim Notar erfolgen, auch wenn das Berliner Testament handschriftlich zu Hause im Ordner liegt. Hierfür muss keine Scheidung oder Trennung der Eheleute vorliegen. Der andere Partner wird postalisch von dem Widerruf in Kenntnis gesetzt.

Widerruf durch einen Ehegatten nach dem Tod des anderen:

Ein Widerruf nach dem Tod eines der Ehepartner ist nicht mehr möglich. Grund: Da es sich um eine wechselseitige Verfügung handelt, müssen beide Partner noch am Leben sein, wenn einer von beiden eine Änderung vornehmen möchte. Der verbliebene Partner ist also an die einmal getroffenen Vereinbarungen gebunden und kann zum Beispiel auch nichts an der späteren Erbverteilung für die Kinder ändern oder die Kinder gänzlich enterben und eine andere Person als neuen Alleinerben einsetzen.

Es ist jedoch möglich, die Erbschaft auszuschlagen. So kann der verbliebene Ehepartner aus dem Berliner Testament „aussteigen“, erhält jedoch auch nur noch seinen Pflichtanteil.

Gut zu wissen:
Sofern keine anderslautende Klausel enthalten ist, löst eine Scheidung das Berliner Testament auf. Da es sich um ein gemeinschaftliches Testament handelt, verliert es seine Gültigkeit, sobald die Gemeinschaft nicht mehr besteht. Die Scheidung gilt in diesem Sinne auch dann als vollzogen, wenn einer der beiden Eheleute die Scheidung beantragt hat, vor der Vollziehung jedoch verstorben ist.

6) Berliner Testament: Pflichtteil fordern statt abwarten?

Die Kinder werden bei einem Berliner Testament solange enterbt, bis beide Partner (meist also die Eltern) gestorben sind. Diese Handhabung können die Kinder jedoch umgehen, indem sie bereits noch zu Lebzeiten des einen Partners ihren Pflichtteil aus der Erbmasse des verstorbenen Partners einfordern.

Dieses Vorgehen ist rechtlich zulässig, denn bestimmten Personen (zum Beispiel Ehepartner, Kinder) steht grundsätzlich ein Pflichtteil zu, auch wenn der Erblasser und der Erbe seit Jahrzehnten zerstritten waren. Dieses Recht kann auch das Berliner Testament nicht auflösen. Trotzdem können sich Eltern hiergegen so weit wie möglich wehren, indem sie eine Strafklausel in das Berliner Testament integrieren.

Gut zu wissen:
Mit einer Strafklausel verfügen die Ehepartner, dass Kinder, die vor dem Tod auch des zweiten Partners ihren Pflichtteil einfordern, komplett enterbt werden. Sie erhalten nach dem Tod des zweiten Partners also auch nur noch ihren Pflichtteil anstelle des gesamten Vermögens. Diese Enterbung gilt auch für die Kinder dieser Kinder.

Die Strafklausel soll verhindern, dass der verbliebene Ehepartner beispielsweise aus der gemeinsamen Immobilie gejagt wird, da für die Ausbezahlung des Pflichtteils des Kindes die Immobilie verkauft werden muss.

So könnte eine Strafklausel lauten:

Fordert eines unserer Kinder nach dem Tod des zuerst Verstorbenen entgegen den Bestimmungen dieses Testamentes seinen Pflichtteil, so wird dieses Kind sowie dessen Familie nicht Erbe des zuletzt Verstorbenen.

Ob die endgültige Enterbung über eine Strafklausel für das Kind finanziell abschreckend ist oder nicht, hängt jedoch von vielen unterschiedlichen Faktoren ab.

Beispiel 1:

Die Eheleute Meier haben zwei Kinder. Ihr Vermögen beträgt insgesamt 600.000 €. Nach der gesetzlichen Erbfolge stehen beim Tod des einen Partners dem anderen insgesamt 300.000 € zu (die Hälfte). Die beiden Kinder müssen sich die andere Hälfte teilen und erhalten jeweils 150.000 €.

Das Ehepaar hat jedoch ein Berliner Testament mit Strafklausel aufgesetzt. Somit erbt der hinterbliebene Partner die gesamten 600.000 €. Fordert nun jedoch eines der Kinder seinen Pflichtteil, so erhält es 75.000 €, denn der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Durch die Strafklausel hat sich dieses Kind nun enterbt. Nach dem Tod auch des zweiten Elternteils erbt es nun abermals nur seinen Pflichtteil. Da es eigentlich die Hälfte der nun noch vorhandenen 525.000 € geerbt hätte, beträgt der Pflichtteil 131.250 €, nämlich abermals die Hälfte des gesetzlich eigentlich zustehenden Erbteils in Höhe von 262.500 €.

Das Kind mit den Pflichtanteilen hat also insgesamt 206.250 € geerbt, das andere Kind 393.750 € (262.500 € + die noch offenen 131.250 € von Kind 1).

Beispiel 2:

Nach dem Tod von Herrn Meier lebt Frau Meier noch 10 Jahre, acht davon in einem Pflegeheim. Durch die Kosten verringert sich ihr Vermögen um 300.000 €. Da Kind 1 nach dem Tod des Vaters seinen Pflichtteil in Höhe von 75.000 € gefordert hatte, beträgt Frau Meiers Vermögen zum Zeitpunkt ihres Todes nur noch 225.000 €.

Nach ihrem Tod erbt Kind 1 abermals nur seinen Pflichtteil, in diesem Fall also 56.250 €. Insgesamt hat es also 131.250 € geerbt.

Das andere Kind hat sich an die Vorgaben des Berliner Testaments gehalten. Es erbt insgesamt 168.750 € und somit nur noch wenig mehr als Kind 1.

7) Was muss ich beim Berliner Testament in puncto Steuern beachten?

Ob sich ein Kind lieber den Pflichtteil auszahlen lässt oder aber abwartet, bis beide Elternteile verstorben sind, hat auch Einfluss auf die Erbschaftssteuer. Wer sich beide Male mit dem Pflichtteil begnügt, könnte wegen der geringeren Höhe um die Erbschaftssteuer herumkommen. Anders ausgedrückt: Wer nur einmal sehr viel erbt, wird wahrscheinlich eher unter die Erbschaftssteuer fallen als jemand, der zweimal weniger erbt. Wird die Erbschaftssteuer mit einberechnet, könnte das Pflichtteil-Kind also unterm Strich mehr erben als das Kind, das sich an die Vorgaben des Berliner Testaments gehalten hat. Mehr zum Thema Erbschaftssteuer lesen Sie hier.

Das Thema Erbschaftssteuer ist jedoch nicht nur für die Schlusserben interessant, sondern auch für den verbleibenden Ehepartner, denn dieser erbt zunächst ja alles. Übersteigt die Erbmasse den Steuerfreibetrag bei Ehepartnern von 500.000 €, zum Beispiel durch eine mitvererbte Immobilie, fallen zum Teil hohe Steuern an. Mitunter können diese Steuern dann jedoch nur bezahlt werden, wenn die Immobilie verkauft wird. Um so den eigentlichen Zweck des Berliner Testaments nicht konterzukarieren, empfiehlt es sich, zumindest die Immobilie aus dem Berliner Testament herauszunehmen und bereits beim Tod des ersten Partners den Kindern zu vermachen mit einem lebenslangen Wohnrecht für den hinterbliebenen Partner.


8) Fazit: Vor- und Nachteile des Berliner Testaments kennen

Das Berliner Testament ist in vielen Fällen ein wirksames Mittel, um den verbleibenden Partner vor Erbauseinandersetzungen zu schützen. Es kann jedoch auch zu einer Steuerfalle werden. Paare sollten deshalb zunächst eine genaue Auflistung ihres Vermögens aufstellen und können anschließend derart informiert die individuell beste Entscheidung treffen.